Steht Winterthur möglicherweise vor dem Verkauf?   
01/07/2004 15:22

Die Schweizer Großbank Credit Suisse gibt sich eine neue Struktur und beendet in diesem Zusammenhang das Kapitel Doppelspitze. Neuer und alleiniger Konzernchef wird Oswald Grübel. Der Vertrag des erfolgreichen Sanierers John Mack wurde nach drei Jahren nicht verlängert, er verläßt die zweitgrößte Schweizer Bank Mitte Juli. Der Amerikaner Mack war als Co-Chef bislang für die Investmentbank Credit Suisse First Boston (CSFB) zuständig, Grübel, ein Deutscher, für das Bank- und Versicherungsgeschäft. Damit erhielten die Gerüchte um eine mögliche Übernahme der Credit Suisse durch die Deutsche Bank einen Dämpfer. Der Finanzkonzern betonte erneut seine Absicht, unabhängig zu bleiben. Verwaltungsratspräsident Kielholz hatte dem "Manager Magazin" erst vor wenigen Tagen gesagt, ein Zusammenschluss mit einem großen Konkurrenten sei "derzeit kein Thema". Möglicherweise ist das der Hintergrund der Entscheidung, den Vertrag Macks nicht zu verlängern.

Dafür gibt der weitere Konzernumbau Grund zu der Annahme, daß der Versicherungsbereich Winterthur zum Verkauf stehen könnte. In der Erklärung der Konzern-Mutter heißt es: „Ab 13. Juli 2004 wird sich die Credit Suisse Group in drei operative Einheiten gliedern: Investment Banking und Wealth & Asset Management unter der Rechtseinheit Credit Suisse First Boston (CSFB), Financial Services mit dem weltweiten Private Banking und dem Corporate & Retail Banking in der Schweiz unter der Rechtseinheit Credit Suisse sowie das Versicherungsgeschäft unter der Rechtseinheit Winterthur.” Durch den Umbau der Credit Suisse wird also die Winterthur Group rechtlich auf eigene Füße gestellt.

Verwaltungsrat schürt Gerüchte
Walter Kielholz, Präsident des Verwaltungsrates der Credit Suisse, erklärte zum Thema Winterthur: „Wir wollen die Profitabilität der Winterthur weiter verbessern, aber gleichzeitig alle Optionen prüfen, um den Wert des Versicherungsgeschäfts für unsere Stakeholders zu optimieren.”
Priorität habe zunächst die Rentabilität. Winterthur sei noch nicht da, wo sie sein solle.

Die Gesellschaft war 2002 in Probleme gekommen, weil ihre Kapitalbasis überdehnt war und sie zu viele Aktien hatte. Außerdem hatte sie auf einen Wachstumskurs über Gesellschaftsaufkäufe in möglichst vielen Ländern gesetzt. Die Schweizer Versicherungsgruppe Winterthur hat als Folge ihrer schweren Krise Pläne für eine globale Rolle aufgegeben. Ein rigides Sparprogramm sollte danach aus der Krise helfen. Anfang 2003 holte die Winterthur-Muttergesellschaft Credit Suisse (CS) Leonhard Fischer als neuen Vorstandschef und Sanierer. Er war kurz vorher bei der Dresdner Bank als Vorstand nach heftigem Streit mit dem damaligen Chef Bernd Fahrholz ausgeschieden. Er leitete einen Prozeß der Gesundschrumpfung ein mittels Verkauf von Gesellschaften, Beschäftigtenabbau sowie Personal- und Verwaltungskostenreduzierung.

Zur deutschen Tochter DBV Winterthur sagte Fischer, sie sei im Moment "nicht die Ertragsperle im Verbund". Der Markt sei in einer schwierigen Phase. Die DBV Winterthur müsse sich um ihre klassische Zielgruppe Beamte und öffentlicher Dienst "noch stärker kümmern". "Auch gab es eine falsche Expansionspolitik, da wurde schlechtes Geschäft hereingenommen." sagte Fischer. Die deutsche Gesellschaft solle aber auf keinen Fall verkauft werden. Zukaufspläne habe die Gruppe aber aktuell auch nicht. "Wir sind im Konsolidierungsmodus, nicht im Kaufmodus." Der Anspruch, auch in Deutschland einen substanziellen Marktanteil anzustreben, dürfe nicht missverstanden werden. "Da geht es nicht um Größe. Wir müssen in Nischenpositionen ein unverwechselbares Profil zeigen, wie wir das zum Beispiel in der betrieblichen Altersvorsorge in unseren Zielgruppen schon haben."

Der künftige alleinige Konzernchef Oswald Grübel hatte dem Schweizer „Tages-Anzeiger“ gesagt, für die zweitgrößte Bank des Alpenlandes sei Winterthur eine reine Geldanlage und kein strategisches Investment. Er hatte damit erneut Verkaufspekulationen angeheizt. Eine Firmensprecherin bekräftigte, ein Verkauf der Tochter sei eine von mehreren Optionen, die geprüft würden. Die Schweizer „SonntagsZeitung“ berichtete sogar, es gebe bereits ein konkretes Übernahme-Angebot für Winterthur.