Postbank: Zankapfel in der Deutschen Bank   
13/05/2004 00:32

Geht die Postbank an die Börse oder nicht?

Die Postbank hat für den 21. Juni ihren lang angekündigten Gang an die Börse vorgesehen. Gerade heute, am 12. Mai, bekräftigte sie diese Absichten erneut. Dennoch halten sich hartnäckig Gerüchte zu Übernahmeinteressen der Deutschen Bank, die mit einem Erwerb der Postbank ihre strategische Ausrichtung, zu den international großen Banken zu gehören, forcieren möchte. Das führt einerseits zu Irritationen bei Aktieninteressierten und bei den konsortialführenden Banken. Andererseits zeugen die ständig neuen Spekulationen von den Zerreißproben und Machtkämpfen, die trotz Dementi derzeit in der Deutschen Bank stattfinden müssen.

Wo liegen die Ursachen? Die Deutsche Bank, respektive deren Chef Josef Ackermann, verfolgt die Strategie, den großen europäischen und US-Banken auf einer Augenhöhe gegenüberzustehen, und möchte sich so mit einer neuen Unternehmensgröße für Fusionen interessanter machen. Wie die Zeitung ‚Die Welt’ in ihren Online-Nachrichten vom 11. Mai schreibt, besteht jedoch nach wie vor ein Kulturgraben zwischen dem traditionellen Teil des Hauses, das die Deutsche Bank als ein Geldinstitut mit tiefen Wurzeln in Deutschland sieht, und der angelsächsisch geprägten Fraktion, der es vor allem um Gewinn und Maximierung des Aktienkurses, also Shareholder Value geht. Diese unterschiedlich orientierten Lager bringen derzeit wohl in der Deutschen Bank den Topf zum Kochen und könnten sogar – glaubt man den jüngsten Gerüchten – zu einem Karriereende Ackermanns bei der Deutschen Bank führen.

Welche Vorteile hätte die Deutsche Bank von der Postbank: Branchenkenner sehen z.B. erhebliche Synergien, die die übernehmende Bank erzielen könnte. Neben Kosten im Informations- und Telekommunikations-Bereich würde die Bank von der günstigen Refinanzierung durch die 39,1 Mrd. Euro an Spareinlagen der Postbank profitieren. Das sind fast zwölf Mrd. Euro mehr als die vier deutschen Großen zusammen genommen haben. Zudem könne die Deutsche Bank die Postbank für den Absatz ihrer Finanzprodukte nutzen. Für die Fondstochter DWS wäre die Postbank ein interessanter Vertriebspartner.

Auf der anderen Seite wäre der Kauf der Postbank nicht gerade der große Wurf für die Deutsche Bank. "Von den 11,5 Mio. Kunden der Bonner sind gut vier Mio. wirklich aktiv", schätzen Unternehmenskenner. Das zeigt sich an den Erträgen. So machte die Commerzbank im Privatkundengeschäft 2003 genauso viel Umsatz wie die Postbank im Geschäftsbereich "Retail-Banking", obwohl das Frankfurter Kreditinstitut ohne die Schmidt-Bank insgesamt nicht einmal auf vier Mio. Privatkunden kommt. Folglich stiege der Umsatz der Deutschen Bank im Privatkundengeschäft lediglich um 50 Prozent, während sich die Kundenzahl mehr als verdoppeln würde.

Für Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, stehen aber wohl die strategischen Vorteile im Vordergrund. Er will allerdings die Postbank ganz oder gar nicht. Nur liegen die Preisvorstellungen für ein Übernahmeangebot zu weit auseinander. Das Management der Deutschen Bank beziffert nach Insiderangaben einen angemessenen Kaufpreis auf sechs Milliarden Euro. Auf der Gegenseite seien die Preisvorstellungen hingegen sehr viel höher gewesen, verlautete aus den Bankentürmen. Zudem fürchte der Vorstand einen Imageschaden, da die Deutsche Bank als einer der Konsortialführer Zugang zu sensiblen Informationen über die Postbank hat. In diesem Zusammenhang schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in ihren Online-Nachrichten vom 11. Mai 2004m, daß die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) vor drohenden Interessenkollisionen beim Verkauf der Postbank gewarnt habe. Die Deutsche Bank könne nicht einerseits Konsortialbank beim Börsengang sein und andererseits ein großes Aktienpaket erwerben, sagte DSW-Sprecher Jürgen Kurz der „Berliner Zeitung“ (Dienstagsausgabe). Laut Kurz könnte das auch Schadenersatzforderungen von Post-Aktionären nach sich ziehen, wenn die Postbank ihren Börsengang ganz absagt, da ihnen eine bevorzugte Zuteilung von Postbank-Aktien in Aussicht gestellt worden sei. Auf die müßten sie aber verzichten, wenn die Deutsche Bank den Zuschlag erhalte.

Und um die Angelegenheit noch etwas verfahrener zu machen: Der Kanzler hat sich auch eingemischt. Gerhard Schröder würde eine Fusion der beiden Banken ebenfalls gerne sehen. Hatte er doch bei seiner Rede vor dem Sparkassentag in Frankfurt die Großbanken zu Fusionen aufgerufen. Nur in die Preisverhandlungen wird er sich nicht einklinken.