VW Hauptversammlung: Mega-Deal LeasePlan und Schelte   
29/04/2004 20:21

Der Wolfsburger Autobauer stärkt den Bereich Flottenmanagement. Für eine Milliarde Euro steigt Volkswagen beim größten europäischen Leasing-Unternehmen Leaseplan ein. Dies teilte Volkswagen in der Nacht zu Donnerstag nach einer Aufsichtsratssitzung in Hamburg mit.

Der Kaufpreis beträgt insgesamt zwei Milliarden Euro. Die restlichen 50 Prozent gehen an zwei Investoren in Athen und Abu Dhabi. Leaseplan gehört der niederländischen Großbank ABN Amro . Das Kreditinstitut trennt sich nun vollständig von der Beteiligung. Bei den zwei weitere Investoren handelt es sich um die private Olayan-Gruppe aus Griechenland sowie die staatliche Mubadala Development Company aus Abu Dhabi. Die Übernahme erfolgt vorbehaltlich der Zustimmung der relevanten Behörden, vor allem der europäischen Kartellbehörden.

Im Zuge der Partnerschaft beim Milliarden-Kauf der Leasinggesellschaft LeasePlan habe das nahöstliche Scheichtum Interesse an einem Einstieg bei VW signalisiert, hieß es am Donnerstag, 22.04., auf der Hauptversammlung von Volkswagen in Hamburg. VW-Chef Bernd Pischetsrieder sagte, Abu Dhabi würde ein "stabiler Partner" sein. Das Interesse Abu Dhabis sei es, über eine staatliche Investmentgesellschaft in einem "mehrstufigen Umsetzungsprozess letztlich Aktionär der Volkswagen AG zu werden", so Pischetsrieder. Am Ende dieses Prozesses könnte Abu Dhabi laut VW-Kreisen mit einem Anteil von 6,5 Prozent nach dem Land Niedersachsen (rund 18 Prozent) auf einen Schlag zweitgrößter VW-Anteilseigner sein. Die Volkswagen AG selbst würde dann noch rund 3,5 Prozent am Gesamtkapital halten. Es wäre der zweite arabische Staat nach Kuwait bei DaimlerChrysler, der sich an einem deutschen Autokonzern beteiligt.

„Meilenstein auf dem Weg zum Mobilitätsdienstleister“

Pischetsrieder sprach von dem „entscheidenden Meilenstein bei der strategisch konsequenten Aufstellung des Konzerns als globaler Mobilitätsdienstleister“. VW verringere mit dem Schritt und wachsenden Zins-, Service- und Versicherungseinkünften die „Abhängigkeit des Konzerns von den zyklischen Schwankungen des reinen Automobilbaus“. Das Leasing- und Flottenmanagementgeschäft gilt als hochprofitabel.

Die niederländische LeasePlan ist mit rund 1,2 Millionen verwalteten Fahrzeugen, einer Bilanzsumme von 10,8 Milliarden Euro und einem Nachsteuerergebnis von 193 Millionen Euro im Jahr 2003 Europas Marktführer und gehört zu den weltweit führenden Mehrmarken-Flottenmanagementgesellschaften. VW will nach eigenen Angaben an der Mehrmarkenstrategie des Leasing-Spezialisten festhalten.

Das Flottenmanagement-Geschäft ist innerhalb des Volkswagen-Konzerns bei der Volkswagen Financial Services angesiedelt. In der Sparte soll der 50-prozentige Anteil im Rahmen einer Kapitalerhöhung als Sacheinlage eingebracht werden. Volkswagen FS ist bereits mit seiner Tochter Europcar Fleet Services (ECFS) im Multibrand-Flottenmanagementgeschäft tätig. ECFS wird den Planungen zufolge an LeasePlan verkauft, um eine schlagkräftigere Einheit zu formen.

Fast könnte man meinen, der Deal sei absichtlich auf den Tag dieser schwierigen Hauptversammlung gelegt worden, als positives Gegenprogramm: Erst am Morgen gab die Pressestelle ihre umfangreiche Meldung heraus. Der Eindruck liegt nahe, lacht ein Mitglied der Geschäftsführung, betont dann aber, dass die Verhandlungen dazu rund zweieinhalb Jahre gedauert hätten. Dass sie ausgerechnet jetzt zum Abschluss kommen, hätte ja keiner wissen können. Zunächst hatte die Volkswagen Leasing in der Vergangenheit die Federführung bei bereits zwei erfolgten Anläufen, LeasePlan zu erwerben. Da kann es der großen Mutter in Wolfsburg jetzt nur gelegen gekommen sein, den erfolgreichen Deal sich selbst auf die Fahnen schreiben zu können in Anbetracht der sonstigen Negativmeldungen und Kritiken.

Und damit wartete die Hauptversammlung der Aktionäre reichlich auf: "VW hat Werte vernichtet" und "Phaeton, Lamborghini - das ist Größenwahn!" waren Ausrufe, die sich Pischetsrieder bei seinem Canossa-Gang anhören mußte. Der Wolfsburger Konzern habe zu viel Geld in die Entwicklung des Oberklassemodells Phaeton gesteckt und preisgünstigere Modelle vernachlässigt, hieß es bei Aktionärsschützern am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Hamburg. Es stelle sich die Frage wie lange sich VW den Phaeton noch leisten könne und ob es überhaupt noch nötig sei, den Bugatti einzuführen, sagte Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Die Luxusmarken kann sich VW in der derzeitigen Lage nicht leisten“, sagte auch Michael Schneider, Vertreter der Sparkassen Fondsgesellschaft Deka. Und Hansgeorg Martius von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) forderte gar die Einstellung des Segments, sollte dort nicht binnen drei Jahren der Break-Even erreicht sein. Die Vertreterin von Deutschlands größter Fondsgesellschaft, der DWS, sorgte sich, dass Volkswagen sich auf Nebenschauplätzen zu Gunsten von Luxusträumen verzettele. „Vielleicht muss man den Traum fallen lassen, dass VW jemals wie BMW wird“, riet sie VW-Chef Bernd Pischetsrieder in Anspielung auf dessen früheren Arbeitgeber.

Im vergangenen Jahr hatte VW wegen der schwachen Konjunktur sowie zu hoher Erwartungen an das Luxussegment weit über eine halbe Milliarde Euro abschreiben müssen. Dies und weitere negative Einflüsse schmälerten das operative Konzernergebnis um knapp 63 Prozent. Außerdem drückten negative Währungseffekte die VW-Bilanz, so dass sich der Vorsteuergewinn auf 1,5 Milliarden Euro mehr als halbierte. Die Dividende soll um 19 Prozent gekürzt werden.