Shell Pkw-Studie: Zahl der Autos steigt, Kohlendioxid-Emission sinkt   
29/04/2004 20:20

Im Jahr 2030 bis zu 53,5 Millionen Pkw in Deutschland möglich. Frauen und Senioren holen bei der Motorisierung weiter auf

Im Jahr 2030 leben zwei Millionen Menschen weniger in Deutschland, gleichzeitig gibt es bis zu 8,8 Millionen Autos mehr als heute: Der Fahrzeugbestand klettert auf rund 53,5 Millionen Pkw. Künftig besitzen vor allem immer mehr Frauen und Senioren ein eigenes Auto. Obwohl die Gesamtfahrleistung aller Pkw in Deutschland steigt, sinkt der Kraftstoffkonsum deutlich bei gleichzeitiger Reduktion der Emissionen. Das sind die zentralen Ergebnisse eines von zwei Szenarien der neuen Pkw-Studie, die Shell unter dem Titel "Flexibilität bestimmt Motorisierung" am 26. April 2004 in Berlin vorstellte.

Die 24. Shell Pkw-Studie zeichnet in zwei denkbaren Entwicklungspfaden die Zukunft des Pkw-Sektors erstmals bis zum Jahr 2030 auf. Die Studie geht davon aus, dass die fortschreitende Globalisierung, die weitere Liberalisierung und der technische Fortschritt maßgebliche Kräfte für die gesellschaftliche Entwicklung darstellen. Hinzu kommen gravierende Veränderungen der Alterspyramide. All das hat Einfluss auf das Konsumverhalten der Menschen. "Auch künftig wird das Auto das Bedürfnis nach Individualität und Freiheit erfüllen", sagt Kurt Döhmel, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutsche Shell Holding GmbH. "Die Entwicklung der Motorisierung in Deutschland ist jedoch abhängig vom jeweiligen Maß an Flexibilität, zu dem sich unsere Gesellschaft künftig bereit erklärt."

Das "Tradition"-Szenario geht von einer zögerlichen Gesellschaft aus, die Wandlungsprozessen skeptisch gegenübersteht und sich nur langsam von Gewohnheiten löst. Im "Impulse"-Szenario dagegen nimmt die Gesellschaft Veränderungen als Chancen wahr und organisiert sich zügig neu. Notwendige Reformen werden akzeptiert und mitgetragen. Je nach Szenario expandiert die deutsche Wirtschaft bis 2030 im Jahresdurchschnitt entweder um 1,6 oder um zwei Prozent. Die Gesamtbevölkerungszahl geht um mehr als drei Millionen zurück ("Tradition") oder nur um zwei Millionen ("Impulse"). Im Jahr 2030 werden, nach mittleren statistischen Annahmen, rund 28 Millionen Menschen in Deutschland leben, die 60 Jahre und älter sind.
Obwohl die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2030 abnehmen wird, wächst der Pkw-Bestand. Die Gesamtfahrleistung erreicht neue Höchstwerte, sie steigt um bis zu elf Prozent.

"Impulse"-Szenario: die dynamische, flexible Gesellschaft mit 53,5 Millionen Pkw

Das Auto ist wesentlicher Faktor, wenn es um die in der dynamischen Gesellschaft notwendige Flexibilität geht. Individualität wird groß geschrieben. Im Jahr 2030 leben 68 Millionen Erwachsene in Deutschland. Der Pkw-Bestand wächst bis dahin auf 53,5 Millionen Fahrzeuge. Vertrauen in die Wirtschaft, Innovationsbegeisterung und veränderte Arbeits- und Lebenswelten haben positiven Einfluss auf die Neuzulassungen. Rund 4,9 Millionen Pkw werden im Jahr 2030 neu angemeldet. Das sind fast 1,7 Millionen Fahrzeuge mehr, als im Jahr 2003 neu zugelassen worden sind.
In einer konsumfreundlichen Stimmung entwickelt sich die Motorisierung der Bevölkerung rasant. Besonders bei den Männern zwischen 18 und 29 und bei den Senioren ab 65 Jahren kommt es zu deutlichen Motorisierungszuwächsen. Aber auch die Frauen geben Gas: Sie holen bei der Motorisierung in allen Altersgruppen stark auf. Besonders interessant ist die Entwicklung in der Gruppe der 50- bis 59-jährigen Frauen. Ihr Motorisierungsgrad steigt um 66 Prozent. Auch die Autofahrerinnen zwischen 60 und 64 Jahren schalten einen Gang höher: im Jahr 2030 sind es 82 Prozent mehr.

In der dynamischen Gesellschaft des "Impulse"-Szenarios steigt die Gesamtfahrleistung aller Autos in Deutschland von heute 509 auf 563 Milliarden Fahrzeugkilometer im Jahr 2030. Leicht rückläufig ist hingegen die durchschnittliche Fahrleistung pro Pkw. Die Gründe: Die Zahl der Autos hat deutlich zugenommen, die spezifischen Fahrleistungen sinken. Außerdem steigt die Zahl der Älteren, die tendenziell kürzere Strecken fahren.

"Tradition"-Szenario: die zögerliche Gesellschaft mit 49 Millionen Pkw

Die "gefühlte" wirtschaftliche Unsicherheit, aber auch die hohe Abgabenlast sorgen für allgemeine Skepsis und ein zurückhaltendes Konsumverhalten. Im Jahr 2030 leben 67,3 Millionen Erwachsene in Deutschland. Der Pkw-Bestand wächst von heute rund 44,7 auf annähernd 49 Millionen Pkw. Das zögerliche Konsumverhalten wirkt sich auch auf die Zahl der Neuzulassungen aus. Die Autos werden länger gefahren. Funktion und Nutzwert stehen im Vordergrund. Die Zahl der jährlichen Neuzulassungen fällt nach einem zwischenzeitlichen Anstieg auf unter 3,1 Millionen Pkw im Jahr 2030 und liegt damit leicht unter dem heutigen Niveau.

Während die Motorisierung bei den Frauen zunimmt, geht der Pkw-Besitz bei den Männern in einzelnen Altersgruppen zurück. Längere Ausbildungszeiten, ein späterer Berufseinstieg und ein geringeres Einkommen sind die Gründe für den Rückgang bei den 18- bis 29-Jährigen. Junge Frauen dagegen können beim Pkw-Besitz minimal zulegen. Einen deutlichen Anstieg der Motorisierung gibt es wieder bei den Frauen ab 40. Erst der Wiedereinstieg ins Erwerbsleben schafft die finanzielle Basis für ein eigenes Auto. Bei den Senioren ab 65 legen sowohl die Männer als auch die Frauen zu.

Im Jahr 2030 fahren die Pkw in Deutschland insgesamt 518 Milliarden Kilometer, knapp zwei Prozent mehr als heute. Durch die Kaufzurückhaltung der Menschen verzögert sich der Erneuerungsprozess des Pkw-Bestands.