Europäische Zentralbank läßt Zinsen weiterhin unangetastet   
11/02/2004 01:04

Die Zinsentscheidungen der Bank of England (BoE) und Europäischen Zentralbank (EZB) sind am Donnerstag, 5. Februar 2004, wie von den Experten erwartet ausgefallen. Trotz der anhaltenden Diskussion um eine Zinssenkung als Reaktion auf die aktuelle Euro-Stärke beließ die EZB den wichtigsten Zinssatz bei 2,0 Prozent. Die Bank von England (BoE) hat dagegen am Donnerstag den Leitzins erwartungsgemäß um 25 Basispunkte auf 4,00 % angehoben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will den wirtschaftlichen Erholungsprozess in Europa mit einem weiter niedrigen Zinsniveau unterstützen. „Wir meinen, dass der Aufschwung seit dem dritten Quartal des letzten Jahres läuft“, sagte EZB-Präsident Trichet. Es gebe ein robustes Wachstum bei den wichtigsten Handelspartnern, das die Exportnachfrage ankurbele. „Die Bedingungen für eine anziehende Binnennachfrage sind ebenfalls günstig.“ Etwas belastend wirke sich hingegen die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit durch den gestiegenen Eurokurs aus. Schließlich erwartet Trichet, dass der bislang zurückhaltende Konsum der privaten Haushalte allmählich anziehe. „Die Strukturreformen sind für alle gut, jeder Bürger steht besser da, wenn wir weitere Fortschritte machen.“
Außerdem werde nach Ansicht Trichets die für europäische Zwecke harmonisierte Inflationsrate im Laufe des Jahres unter die Marke von 2,0 Prozent fallen und damit Preisstabilität signalisieren. Der starke Euro würde dabei über niedrige Importpreise Inflationsrisiken ausgleichen.

Volkswirte bezeichneten die Kommentare die EZB als wenig überraschend. Die EZB halte im Wesentlichen an ihrer Einschätzung der Wirtschafts- und Preisentwicklung fest. Außerdem hatten Volkswirte einen Tag vor dem Treffen der führenden Industrienationen in Florida/USA (G-7) auch keinen Zinsschritt der Währungshüter erwartet. Die Finanzmärkte erhofften sich von dem G-7-Treffen ein klares Signal zur Währungsentwicklung von Euro und US-Dollar. «Alle Partner müssen ihre Hausaufgaben machen», sagte Trichet mit Blick über den Atlantik. Sollte der Euro nach dem Gipfel weiter steigen und die Marke von 1,30 Dollar überschreiten, könnte die EZB in den kommenden Monaten eingreifen. Die Mehrheit der EZB-Beobachter rechnet mit einer ersten Zinserhöhung allerdings im Herbst dieses Jahres oder erst Anfang 2005. Damit wäre seit der letzten Bewegung der Leitzinsen etwa ein Jahr vergangen. Die EZB hatte ihren Refi-Satz zuletzt im Juni 2003 um 50 Basispunkte gesenkt.

Am Donnerstag baute der Euro seine Gewinne nach der EZB-Zinsentscheidung, den Kommentaren der Währungshüter sowie schwachen US-Konjunkturdaten aus und stieg bis 16.15 Uhr auf 1,2624 Dollar.

Blick nach Großbritannien

Angesichts der kräftigen Konjunkturbelebung in Großbritannien hat die Bank von England (BoE) am Donnerstag den Leitzins erwartungsgemäß um 25 Basispunkte auf 4,00 % angehoben. Damit liegt das Zinsniveau nunmehr doppelt so hoch wie in der Euro-Zone.

Die BoE begründete ihre Zinserhöhung mit der Aufhellung des nationalen und internationalen Konjunkturumfelds. In ihrem Statement betonte sie zudem, dass die britische Wirtschaft trotz der Pfund-Aufwertung in den kommenden Jahren unter Inflationsdruck geraten werde, weil das Wachstum über der Potenzialrate liege. Im vergangenen Jahr war die britische Wirtschaft mit einer Rate von 2,1% gewachsen, während die Wirtschaftsleistung im Euroraum lediglich um 0,5% zugelegt hatte. Die Wirtschaftsdynamik in Großbritannien ist vor allem Folge eines starken privaten Konsums und einer rasanten Entwicklung am Immobilienmarkt.

Bereits im November hatte die BoE als erste und bislang einzige der weltweit vier wichtigsten Notenbanken - dazu zählen auch die US-Notenbank (Fed), die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von Japan - mit einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte die geldpolitischen Zügel wieder angezogen. Davor hatte sich der Leitzins mit 3,5 % auf dem niedrigsten Niveau seit 48 Jahren befunden. Es war die erste Zinsanhebung der BoE seit nahezu vier Jahren.

Während die meisten Experten die EZB wenigstens bis zum Sommer noch in Lauerstellung sehen, erwarten einige Beobachter von der Bank of England hingegen bereits im Mai die nächste Zinsanhebung um abermals 25 Basispunkte.